Verein deutscher Seidenwebereien / VdS

Haus des Vereins deutscher Seidenwebereien

Der 1910 gegründete Verein der deutschen Seidenindustrie saß seit den 1920er-Jahren bis zur Auflösung 2003 durchgehend in Krefeld, seit 1924 hatte er ein eigenes Verbandshaus. Als Branchenverband vertrat er jedoch einen Großteil der deutschen Samt- und Seidenindustrie. Seit den 1920er-Jahren setzte er auf moderne, fortschrittliche Gestaltung: Werbung, Messepräsentationen und die Ausbildung von Textilentwerfern wurden auf Initiative des VdS vor allem mithilfe von Bauhaus-Künstlern neu ausgerichtet.

Der VdS entstand 1910 als Zusammenschluss mehrerer einzelner Branchenverbände: der Verbände der Seidenbandindustrie, der Seidenstofffabrikanten, der Krawattenstofffabrikanten, der Turquoisefabrikanten und der Vereinigung deutscher Schirmstofffabrikanten. Die Mitgliedsunternehmen saßen vor allem in Deutschland – mit regionalen Schwerpunkten im Rheinland und in Westfalen – und in der Schweiz.

Als Branchenverband war der VdS bemüht, Antworten auf die wirtschaftliche Krise zu finden, in die die deutsche Seidenindustrie insbesondere seit dem Ersten Weltkrieg geraten war. Da er davon ausging, dass die Branche sowohl technisch als auch betriebswirtschaftlich gut aufgestellt war, sollte nun der Bereich der Gestaltung – zeitgenössisch „Geschmacksbildung“ genannt – weiterentwickelt werden. 

Mitte der 1920er-Jahre entschloss sich der VdS, auf größeren Messeveranstaltungen die gesamte Branche in einheitlicher Weise zu repräsentieren. Dazu setzte er auf die Architekten Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich Sie gestalteten für die Seidenindustrie 1927 zunächst den Auftritt auf der Messe Die Mode der Dame in Berlin – als Café Samt & Seide in gestalterisch innovativer Weise. Es folgte 1929 ein erster internationaler Messeauftritt des VdS im Rahmen der Weltausstellung in Barcelona als Sonderschau Deutsche Seide – ebenfalls von Mies und Reich entworfen. Weitere Messeauftritte fanden statt, wie etwa in Paris 1930 unter der gestalterischen Federführung der Bauhäusler Walter Gropius, Herbert Bayer, Marcel Breuer und László Moholy-Nagy. Der Geschäftsführer des Verbands, Dr. Erich Raemisch spielte eine zentrale Rolle in dieser Entwicklung. Als Sammler und Mitglied des Werkbunds war er mit den neuesten Entwicklungen der Kunst- und Designszene gut vertraut und knüpfte gemeinsam mit Hermann Lange für die Branche intensive Kontakte in der Szene. Mithilfe dieser Verbindungen gelang es dem VdS, die Ausbildung von Textilentwerfern grundlegend zu reformieren. Er stieß einen Reformprozess an, in dessen Verlauf seit 1931 mehrere Bauhäusler als Lehrer an die Krefelder Höhere Fachschule für Textilindustrie (später Textilingenieurschule) berufen wurden, darunter Johannes Itten, Georg Muche und andere. Nach der Überführung des Verbands in die NS-Struktur der Fachgruppen führte der Verband diese Arbeit in einem gewissen Maß fort, war aber auch an den Arisierungsprozessen innerhalb der Industrie in Deutschland und den eroberten Gebieten beteiligt.1Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 380 f.

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