Raemisch, Erich

[1896–1966]

Erich Raemisch

Mit den Textilunternehmern Hermann Lange und Alex Oppenheimer zählte der Wirtschaftsjurist Dr. Erich Raemisch zu den führenden Reformkräften in Krefeld, die aus der Industrie heraus neue Impulse in der Ausbildung, Produktgestaltung und Selbstdarstellung der Branche initiierten. In Interessenverbänden und Kulturvereinigungen in verantwortlichen Positionen tätig, war Raemisch über drei Jahrzehnte hinweg Teil eines überregionalen reformorientierten Netzwerks in Wirtschaft, Kultur und Politik, das eine entscheidende Voraussetzung für die Öffnung der Seidenindustrie für die Avantgarde darstellte. 

Im August 1922 übernahm Erich Raemisch die Geschäftsführung des Branchendachverbands Verein deutscher Seidenwebereien VdS in Krefeld, später wurde er geschäftsführender Vorstand. In diesem Rahmen prägte
er die Neuausrichtung des Verbands entscheidend mit. Mit Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich entstand eine langfristige Verbindung, nachdem sie für den Verband dessen erste nationale Selbstdarstellung, das Café Samt & Seide 1927 in Berlin realisiert hatten sowie die Ausstellung Deutsche Seide auf der Weltausstellung in Barcelona 1929. Ab 1931 leitete Raemisch das Kunstseide-Verkaufsbüro in Berlin, ein neu gegründetes Viskosesyndikat. 

Mit Hermann Lange verband ihn nicht nur ein berufliches, sondern auch ein freundschaftliches Verhältnis. Sie teilten das Interesse für französische und deutsche Kunst der Gegenwart, das sich bei Raemisch auch in seinem Engagement im Museumsverein in Krefeld (1927 im Vorstand) sowie für die Vereinigung für Junge Kunst, Düsseldorf (1929 Vorsitzender) ausdrückte. 

Gleichzeitig engagierte Raemisch sich seit Mitte der 1920er-Jahre im Deutschen Werkbund, insbesondere für das internationale Ausstellungswesen. Als die Führung des DWB Anfang der 1930er-Jahre mit der sich verschärfenden wirtschaftlichen und politischen Krise in Schwierigkeiten geriet, stellte Erich Raemisch sich im Oktober 1931 als stellvertretender Vorsitzender neben Ludwig Mies van der Rohe zur Verfügung. Aufgrund interner Streitigkeiten traten beide im September 1932 wieder zurück. Nach Kriegsende war er Teil der Werkbund-Neugründung im Rheinland mit dem Zentrum Düsseldorf. Seit spätestens 1948 war er Mitglied des DWB West-Nord. 

Nach Kriegsende trat Raemisch als Ministerialdirektor in die Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets ein, wo er als Referent für das Jedermann-Programm zuständig war. Im Rahmen der Entwicklung günstiger Möbelmodelle kam es erneut zur Zusammenarbeit mit dem Werkbund. Raemisch zählte außerdem zum Kreis der Gründungsmitglieder des Rats für Formgebung im Herbst 1952.1Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 367 f.

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