Kühnen, Friedrich — Haus Richard Merländer

Details

Adresse Friedrich-Ebert-Straße 42
Baujahr 1924/25
Architekt Friedrich Kühnen (1882−1943)
Auftraggeber Richard Merländer (1874−1942)
Heutige Nutzung Villa Merländer NS-Dokumentationsstelle und Kulturbüro

Wohnhaus Richard Merländer
Undatierte Aufnahme (StAKR 4095)
Wohnhaus Richard Merländer
Undatierte Aufnahme (StAKR 4095)

Richard Merländer, Inhaber der 1904 gegründeten Seiden- und Samtwarengroßhandlung Merländer, Strauß & Co. ließ sich 1924/25 anlässlich seines fünfzigsten Geburtstags dieses Wohnhaus vom Krefelder Architekten Friedrich Kühnen errichten. Es ist nicht nur ein ungewöhnliches Gebäude mit Wandgemälden von Heinrich Campendonk, sondern aufgrund der Geschichte seines Eigentümers auch ein Ort der Erinnerung an die Verfolgung jüdischer Mitbürger durch das NS-Regime. Es beherbergt heute das NS-Dokumentationszentrum und das Kulturbüro der Stadt Krefeld.

Der annähernd kubische Bau mit Mansarddach bildet das nordöstliche Ende einer Häuserreihe. Der Moderne ist er nicht verpflichtet. Die beiden von der Straße aus sichtbaren Fassaden sind fast identisch gestaltet. Kräftige Pilaster, Geschossgesimse und Fensterbänder gliedern die Fassaden vertikal und horizontal. Mittig ist jeweils ein Balkon auf konischen Säulen mit Kapitell vorgesetzt; der seitliche ist breiter und dient zugleich der Überdachung des Hauseingangs. Im Dachgeschoss finden die Balkone ihre Entsprechung in Dacherkern, die von Pilastern gerahmt und von einem Giebeldreieck gekrönt sind. Während der untere Teil und die Pilaster hell verputzt sind, bleiben die Flächen oberhalb der Fensterreihen im Obergeschoss ziegelsichtig, wodurch die Pilaster noch stärker hervortreten.

Richard Merländer ist als Sammler zeitgenössischer Kunst nur vereinzelt nachweisbar. Er hatte jedoch den Rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk gebeten, zwei Räume mit Wandgemälden auszustatten. Die Darstellung verbindet in leuchtenden Farbflächen Campendonk-typische Bildmotive mit den Interessen des Auftraggebers: das fortschrittliche Automobil – in diesen Jahren noch nicht selbstverständlich – und gesellige Treffen, in denen Zigarren, Billard, Würfel-, Karten- und Schachspiel zelebriert wurden. Die Fresken sind erhalten und können nach Terminvereinbarung besichtigt werden. Im Speisezimmer bemalte Campendonk die Decke mit geometrischen Mustern. Außerdem dekorierte er im Herrenzimmer ein Ensemble aus Tisch, Schrank, Kommode und Sekretär mit grau in grau gehaltenen Malereien (Grisaille); es befindet sich im Clemens Sels Museum Neuss.

Richard Merländer wurde als jüdisch klassifizierter Eigentümer 1938 aus seinem Unternehmen und seinem Haus verdrängt. Er kam im Konzentrationslager um. Das Haus wechselte mehrfach den Besitzer, bevor es die Stadt Krefeld 1989 anmietete und das NS-Dokumentationszentrum gründete.1Eleonore Stockhausen et al., Krefelder Juden, Bonn 1980, S. 3562Claudia Flümann, „… doch nicht bei uns in Krefeld!“ Arisierung, Enteignung, Wiedergutmachung in der Samt- und Seidenstadt 1933 bis 1963, Essen 2015, S.90, 184, 209