Kielmansegg, Wilhelm Graf von

[1897–1934]

Wilhelm Graf von Kielmansegg um 1930 (Nachfahren Kielmansegg)

Der junge Wilhelm Graf von Kielmansegg war nach dem Tod seines Vaters und Bruders im Ersten Weltkrieg sowie seiner Mutter 1917 weitgehend mittellos und versuchte, durch verschiedene berufliche Aktivitäten Fuß zu fassen. Er war u. a. für Alfred Flechtheim tätig, der ihm 1922 seine Kölner Filiale für kurze Zeit überantwortete und ihn mit der Herausgabe des ersten Bandes des Galeriemagazins Querschnitt betraute. Über Flechtheim lernte er wahrscheinlich Hermann Lange kennen. 

Erst mit seiner Übersiedlung nach Krefeld bzw. Schiefbahn 1924 und seiner Tätigkeit für die Verseidag scheint sich seine berufliche Situation gefestigt zu haben. Trotzdem hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits eine bedeutende Sammlung vor allem konstruktivistischer Kunst aufgebaut und pflegte freundschaftliche Kontakte zu ihren Vertretern. Wilhelm Köhler, Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen in Weimar, stellte sie 1924 in seinem Haus aus. 

Zur Verbindung von Seidenindustrie und Avantgarde steuerte er zwei wichtige Impulse bei: Zum einen empfahl und vermittelte er Hermann Lange bei dessen Suche nach einem passenden Architekten den Kontakt zu den De Stijl-Künstlern Oud und van Doesburg. Im selben Jahr schuf er auch eine Verbindung zwischen dem Leiter des Bauhauses Walter Gropius und Hermann Lange, als sich in Weimar eine politische Front gegen die Schule gebildet hatte. Lange und Gropius erörterten die Möglichkeit, das Bauhaus oder seine Textilabteilung nach Krefeld zu verlegen. Dazu kam es bekanntlich nicht, aber das Bauhaus blieb mit seinen Lehrmethoden das Leitbild der geplanten Ausbildungsreform für Textilentwerfer, die 1931 mit Johannes Itten und der Schule für Flächenkunst in die Tat umgesetzt wurde.1Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 35 f. u. 356 f.

1928 siedelte Kielmansegg nach Basel über, wo er die Druckereileitung der Färberei und Appreturgesellschaft Schusterinsel übernahm. 1934 zog er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Aftersteg bei Todtnau, wo er den Restaurant- und Pensionsbetrieb Aftersteger Mühle erworben hatte. Kurz darauf starb er unerwartet mit nur 37 Jahren, kurz vor der Geburt seines dritten Kindes.2Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 35 f. u. 356 f.

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