Details
Adresse Industriestraße 56
Baujahr 1938/55
Architekten Verseidag Baubüro mit Erich Holthoff (1904−1996)
Auftraggeberin Verseidag
Heutige Nutzung Büros
Dass die Vereinigte Seidenwebereien AG nicht nur in Architektur und Produktgestaltung, sondern auch produktionstechnisch innovativ war, zeigte sich bei der Filmdruckerei. An der Planung war auch der Bauhäusler → Erich Holthoff, der seit 1934 im Baubüro der Verseidag tätig war, beteiligt.
Mitte der 1920er-Jahre hatte die Verseidag begonnen, ihr Betätigungsfeld zu erweitern, indem sie über die Stoffproduktion hinausgehend einen eigenen Färberei- und Veredelungsbetrieb einrichtete. Das Baubüro der Verseidag plante eine umfangreiche Anlage, die sukzessive und während des laufenden Betriebs bis in die 1950er-Jahre erweitert wurde. Das dabei verwendete Formenvokabular hat Ludwig Mies van der Rohe für das von ihm geplante Färberei- und HE-Gebäude entwickelt. Es blieb bis in die 1950er-Jahre bindend für alle Ergänzungsbauten. Die Filmdruckerei kam Ende der 1930er-Jahre dazu. Hier wurde textile Meterware mit speziellen Schablonen im Siebdruckverfahren bedruckt. Das Druckmuster gelangte durch einen fotometrischen Prozess auf das Gewebe, bei dem nur die unbelichteten Teile der Fotoschicht durchlässig für die Druckfarbe sind. Jede Farbe benötigte eine separate Druckform (Sieb).
Der Bau erscheint wie ein Zwilling des Färberei- und HE-Gebäudes. Ein ursprünglich zwei-, seit den 1950er-Jahren dreigeschossiger Gebäuderiegel flankiert eine Shedhalle. Auf einem gemauerten und unverputzten Gebäudesockel erhebt sich ein lang gestreckter Bau mit Flachdach und querrechteckigen gleich großen Sprossenfenstern. Die Planung folgte der von Mies entwickelten Formensprache. Nur bei diesem Bau ist belegt, dass Mies sie zur Beurteilung vorgelegt wurde. Ob seine Vorschläge auch umgesetzt wurden ist jedoch nicht mehr zu rekonstruieren. Wie am HE-Gebäude rhythmisieren Fallrohre als vertikale Akzente zwischen den Fenstern die Fassade. Für das Sichtmauerwerk am Gebäudesockel wählte das Baubüro ebenfalls den grau verfugten Bockhorner Klinker, den auch Mies für seine Bauten verwendet hatte.
In den 1950er-Jahren erhielt der Bürotrakt ein weiteres Geschoss in veränderter Formensprache. Die Betonung der Waagrechten des Mies-Baus steht im Kontrast zur vielteiligen vertikalen Gliederung der Fensterfront des neuen Obergeschosses. Die gefliesten Rahmen erinnern an die in der Nachbarschaft entstandene Hauptverwaltung der Verseidag von Egon Eiermann.1Christiane Lange, Bauhaus nützlich. Die Avantgarde im Auftrag der Seidenindustrie, in: Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 64–732Norbert Hanenberg/Daniel Lohmann, Mies van der Rohes Verseidag. Neue Erkenntnisse zu Baugeschichte und Erhalt, in: Walter Buschmann (Hg.), Industriekultur. Krefeld und der Niederrhein, Essen 2017, S. 173