Details
Adresse Steinstraße 74−76
Baujahr 1899
Architekt*in unbekannt
Auftraggeber Julius Oppenheimer und Ernst Wilhelm Haasen (?)
Nutzer ab den 1920er-Jahren Krawattenfabrik Gebr. Müller, ab 1938 Schloot & Botschen KG,
ab 1940 Schirmfabrik Heinrich Dietz u.a.
Heutige Nutzung Wohnhaus
Das Gebäude der Krawattenfabrik Haasen & Oppenheimer wurde im Stil der Neorenaissance vermutlich um die Jahrhundertwende von den Inhabern Julius Oppenheimer und Ernst Wilhelm Haasen erbaut. 1895 ist der Betrieb noch auf der Marktstraße angesiedelt.1Adressbücher der Stadt Krefeld 1827, 1859, 1882, 1884, 1889, 1895, 1896, 1914, 1924/25, 1931/32 In den 1920er-Jahren übernahmen die Inhaber der Krawattenfabrik Gebr. Müller, Rudolf Müller und Max Harf, das Gebäude. 1938 wurde ihr Unternehmen auf Geheiß der NS-Regierung „arisiert“, Betrieb und Immobilie mussten an nichtjüdische Käufer verkauft werden.
So wurde auch mit den Wohnhäusern der Inhaber auf der Hohenzollernstraße (Haus Max Harf, Haus Rudolf Müller) verfahren. Müller und Harf versuchten durch Flucht der weiteren Verfolgung zu entkommen. Max Harf und die Kinder von Rudolf Müller gelangten in die USA. Rudolf Müller und seine Frau starben im KZ.2Claudia Flümann, „… doch nicht bei uns in Krefeld!“ Arisierung, Enteignung, Wiedergutmachung in der Samt- und Seidenstadt 1933bis 1963, Essen 2015
Ab 1940 bis in die 1960er-Jahre produzierten die Schirmfabrik Heinrich Dietz und weitere aus Arisierungen hervorgegangene Betriebe in dem Gebäude. Ab 1980 stand der Bau leer, bis er 2006/07 in sechzehn Wohneinheiten umgewandelt wurde. Der Name „Alte Schirmfabrik“ erhielt sich als Projektbezeichnung der Umnutzung und Restaurierung, vermutlich in Unkenntnis seiner Historie3https://www.denkmalentwicklung.de/projekte/projekte/krefeld_alte_schirmfabrik4Stephan Strauß, Schirmfabrik Dietz & Co. vormals Crawattenfabrik v. Haasen & Oppenheimer, https://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/krefeld/objekte/schirmfabrik.html
Das Gebäude fügt sich mit einer repräsentativen Fassade im Stil der Neorenaissance in die Blockrandbebauung ein. Sie ist in gelbem Klinker ausgeführt und bis auf die Tordurchfahrt symmetrisch in sieben gleiche Achsen gegliedert. Die äußeren Achsen treten risalitartig vor und sind von einem erhöhten Dachaufbau gekrönt. Das Obergeschoss erhält durch Sohl- und Dachgesimse eine horizontale Rahmung. Die Fenster sind je Geschoss unterschiedlich behandelt. Im Erdgeschoss schließen sie mit einem Schlussstein, im ersten und zweiten Obergeschoss mit Segmentbögen und einem kleinen dachartigen Vorsprung.
Der Bau weist den für innerstädtische Gewerbearchitekturen typischen T-förmigen Grundriss auf mit Verwaltungsräumen an der Straßenfront und Produktionshallen, die sich zur Blockmitte hin ausdehnen. Er befindet sich auf dem Gebiet der siebten Stadterweiterung, die nach den Plänen von Franz Anton Umpfenbach die Ansiedlung von Gewerbebetrieben im Inneren der dafür großzügig bemessenen Baublöcke vorsah.5Hans-Peter Schwanke, Das Werk der Krefelder Architekten Girmes & Oediger 1892–1933, Krefelder Studien 4, Krefeld 1987