Details
Adresse Moylandstraße 23
Baujahr 1949−1950
Architekt Bernhard Pfau (1902−1989)
Auftraggeber Richard Vogelsang
Der Kontakt zwischen Bernhard Pfau und dem Textilingenieur Richard Vogelsang könnte aus der Zeit stammen, als Pfau 1937 gemeinsam mit seiner Frau, der Designerin Lotte Fink (1898–1984) einen Ausstellungsstand für den in Krefeld ansässigen Verband der Seidenindustrie für die Ausstellung Schaffendes Volk schuf. Vogelsang und Pfau verband jedoch auch die Leidenschaft für Autorennen. Beide unterstützten den Rheydter Textilunternehmer Emil Vorster bei der Reaktivierung des sogenannten „Grenzlandrings“, einer kleinen Rennstrecke um den rheinischen Ort Wegberg.
Pfau unterstützte Vorster nicht nur bei Umbau- und Erweiterungsarbeiten an dessen Wohnhaus und Fabrikanlagen, sondern plante 1949 auch die Tribünen des Grenzlandrings und gestaltete die von Vorster initiierte „Westdeutsche Motorschau“ in Rheydt. Richard Vogelsang war als erster Vorsitzender (1948–1959) des Automobil- und Motorclubs Krefeld in diese Aktivitäten involviert und organisierte die fünf Grenzlandrennen, die bis 1952 stattfanden, sowie Rennen auf dem Krefelder Glockenspitz.
Das Wohnhaus mit Einliegerwohnung im ersten Obergeschoss musste Widerstände der Bauaufsicht überwinden, um realisiert werden zu können, da es „erheblich aus dem Bebauungsraum herausfallen wird, durch ein flaches Dach, kubische Versetzungen und große Glasöffnungen“.1Julius Niederwöhrmeier, Das Lebenswerk des Düsseldorfer Architekten Bernhard Pfau (1902–1989), Diss. Darmstadt 1997, Anm. 310Man überzeugte Vogelsang davon, ein größeres Grundstück zu erwerben, um das Gebäude weniger exponiert platzieren zu können.
Dem Betrachter präsentiert sich von der Zufahrt aus ein weißer Kubus mit Flachdach, zwei horizontalen Fensterbändern und einem seitlichen Eingang mit vorgezogenem Windfang, dessen angrenzende Wandfläche aus Glasbausteinen besteht; sie belichten den dahinter liegenden Treppenaufgang zum Obergeschoss. Die später hinzugefügte Garage schließt die Fläche ab.
Die „kubischen Versetzungen“ finden erst im hinteren Teil des Baus statt, wo sich der eingeschossige Wohnraum quer in den zweigeschossigen Kubus schiebt. Auf seinem Dach befindet sich eine großzügige Terrasse, die in eine Loggia übergeht. „Große Glasöffnungen“ verbinden die Wohnräume mit dem Garten. Niederwöhrmeier, dem das Werkverzeichnis von Pfau zu verdanken ist, sieht in der Art, wie Pfau die Gebäudehülle in Wandscheiben und Fensterelemente auflöste, eine Parallele zur Mies’schen Raumauffassung. Auch im Innenraum sind Bezüge zu erkennen, wie die Holzwand zum „Mädchenzimmer“, das an den Wohnraum angrenzt. Sie war demontierbar, um den Raum, wenn gewünscht, dem Wohnbereich angliedern zu können.
Von Pfau stammen auch mehrere Einbauelemente der Inneneinrichtung. Besonders hervorzuheben ist die (ursprünglich den Raum abschließende) Schrankwand im Essbereich. Quadratische Türen mit versetzt aufgebrachtem, diagonalem Furnier gliedern den oberen Teil. Der untere Teil besteht aus einer Reihe von senkrecht furnierten Schränken, die sich bis in den Wohnbereich fortsetzen; dort wird er von einer umlaufenden Tischplatte erweitert.
Das Wohnhaus von Bernard Pfau gehört wie das Wohnhaus Klinar → von William Dunkel in Krefeld zu den wenigen Beispielen der Weiterentwicklung des International Style im Wohnhausbau der Nachkriegszeit.2Julius Niederwöhrmeier, Das Lebenswerk des Düsseldorfer Architekten Bernhard Pfau (1902–1989), Diss. Darmstadt 1997, S. 150–157, Zitat Anm. 310, W110 Haus Vogelsang, W69 Seidenausstellung, W 106 Haus Vorster, W109 Grenzlandring, W118 Fabrikerweiterung Vorster3Marco Kieser, Der Grenzlandring, in: Hörsaal, Amt und Marktplatz. Forschung und Denkmalpflege im Rheinland. Festschrift für Udo Mainzer zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Claudia Euskirchen/Marco Kieser/Angela Pfotenhauer, Regensburg 2005, S. 135–149(geringfügig veränderte Fassung unter: http://www.kie4192.de/Der_Grenzlandring/der_grenzlandring.html