Metzendorfer, Heinrich — Haus Rheinhorst

Details

Adresse Dammstraße 4−6
Baujahr 1906/07
Architekt Heinrich Metzendorf (1866−1923)
Auftraggeber Rudolf Wedekind
Bewohner: Textilingenieurschule (Meisterklasse) 1950 – 1953 und Georg und El Muche

Straßenseitige Ansicht 2021
Haus Rheinhorst Postkarte
Haus Rheinhorst 1956 (StAKR 2869)
Ansicht 2021
Straßenseitige Ansicht 2021
Haus Rheinhorst 1956 (StAKR 2869)
Ansicht 2021
Haus Rheinhorst Postkarte

Rauschende Feste hätten in dem Haus Rheinhorst genannten Gebäude stattgefunden, erzählt Annette Pöllmann, Schülerin der Krefelder Textilingenieurschule. Und ihr Lehrer, der Bauhäusler Georg Muche, habe hier „pausenlos vom Bauhaus erzählt“. Von 1950 bis zur Fertigstellung des Neubaus der TIS 1953 nutzte die Schule das Haus für den Unterricht der Meisterklasse. Auch die Gewebesammlung war hier untergebracht. Aufgrund der Kriegsschäden an der ehemaligen Webeschule waren die Institute auf verschiedene Gebäude in der Stadt verteilt. Zugleich fanden Muche und seine Frau hier eine neue Bleibe, da ihre Wohnung beim Bombenangriff auf Krefeld 1943 ebenfalls zerstört worden war. 

Ursprünglich war die Villa, die ihren Namen der Lage am Rhein verdankt, Wohnsitz des Uerdinger Chemiefabrikanten Rudolf Wedekind. Dieser hatte sie 1906 von Heinrich Metzendorf in einem moderat-modernen Reformstil als „Herrschaftssitz“ neben seinen Fabrikationsanlagen (heute Fa. Alberdingk Boley) erbauen lassen. Dort wurde u. a. der für die Textilindustrie interessante Druckfarbstoff Alizarin hergestellt.

Die zweigeschossige Villa mit Wohn-, Wirtschafts- und Remisentrakt ist im sogenannten Reformstil der Jahrhundertwende, der Jugendstilelemente mit älteren historischen Formen und lokalen Bautraditionen verbindet, errichtet. Das Gebäude ist zur Straßenseite blockhaft geschlossen und öffnet sich zur Gartenanlage und dem steil abfallenden Rheinufer mit Wintergarten, Loggia und Ufermauer. Der Architekt Heinrich Metzendorf verband auf diese Weise die Notwendigkeiten der topografischen Lage des „Burghauses“ am Rheindamm mit den modernen Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen des Hausherrn. Der ursprünglich zweimal abgestufte Turm mit Kuppel an der nördlichen Hausseite erinnerte nicht von ungefähr an einen Wehrbau und beherbergte eine private Sternwarte (heute zerstört und rudimentär wiederaufgebaut). Das Innere wurde von großen Wohnräumen und einer durch das ganze Haus führenden Wohndiele mit Treppenaufgängen und Emporen im geometrischen Jugendstil beherrscht – eine Anspielung auf das englische Landhaus und typisch für großbürgerliches Wohnen um 1900.

Metzendorf kombiniert geschweifte Barockgiebel und Putzornamentik in Sgraffito-Technik mit einem mittelalterlich anmutendem Rundturm, einem tonnengewölbten Eingangsbereich mit eingelassenem Familienwappen sowie Säulen und Blockkapitellen zur Gartenseite. Die Sprache des sogenannten Heimatstils sprechen hingegen der hohe Sockel aus grob behauenen Natursteinen, die weißen Putzflächen und die ländlich wirkenden Fachwerkstreben des zentralen Fensters. Metzendorfs moderat-modernes Konzept kennzeichnet sich in der Verwendung ortsspezifischer Materialien: die Dachziegel stammen von einer abgebrochenen Düsseldorfer Kaserne und die Säulen der Loggia sind aus Ruhrkohlensandstein gehauen. 

Die Umstände, unter denen Haus Rheinhorst 1932/33 in städtischen Besitz gelangte, bedürfen der Klärung.1Hans-Peter Schwanke, Architekturführer Krefeld, Krefeld 1996, Nr. 122Hermann J. Mahlberg/Hella Nußbaum, Heinrich Metzendorf und seine Villen im Rheinland. Das verschwundene Schloß im Briller Viertel und ein wiederentdeckter Architekt, Beiträge der Forschungsstelle für Architekturgeschichte, Denkmalpflege und Industriekultur der Bergischen Universität Wuppertal (Bd. 18), Wuppertal 2016)

Gartenseitiger Zugang um 1910 (StAKR 2871)
Gartenseitige Ansicht um 1910 (StAKR 2870)
Meisterklasse für Textilentwurf in Haus Rheinhorst um 1950 (StAKR 119699)