Poelzig, Hans — Haus Fritz Steinert

Details

Adresse Kliedbruchstraße 69
Baujahr 1929–1931
Architekt Hans Poelzig (1869–1936)
Auftraggeber Fritz Steinert

Ansicht um 1936 (Fotograf unbekannt)
Ansicht um 2010 (Foto: Florian Monheim)
Ansicht um 1936 (Fotograf unbekannt)
Ansicht um 2010 (Foto: Florian Monheim)

Das Wohnhaus des Textilfabrikanten und Kunstsammlers Fritz Steinert wurde 1929-31 von dem Architekten und prägenden Hochschullehrer Hans Poelzig verwirklicht. Bekannt für seine expressionistische und neusachliche Architektur plante er für den Eigentümer der Seidenweberei Storck Gebr. & Co. ein bescheiden wirkendes Haus am damals noch ländlichen Stadtrand von Krefeld. Es zählt zu den wenigen Wohnhäusern im Werk Poelzigs, der eigentlich keine Lust hatte, „begüterten Leuten ein Wohnhaus hinzustellen“, wie Theodor Heuss über seinen Freund 1948 schrieb. „In der Grundrissplanung, in der Innengestaltung der mehr ,privaten‘ Aufträge überließ er sehr viel der Gattin, ihrem sicheren Instinkt und starken Formgefühl vertrauend.“1Theodor Heuss, Hans Poelzig, Tübingen 1948, S. 76

Bei der „Gattin mit Instinkt“ handelt es sich um die Bildhauerin und Architektin Marlene Moeschke-Poelzig (1894–1985), mit der Poelzig seit ca. 1919/20 zusammenarbeitete und mit der er seit 1924 verheiratet war. Ihr Beitrag zu Haus Steinert wurde bislang nicht erforscht.

Das auffälligste Gestaltungsmerkmal des Hauses ist sein tief herabgezogenes, spitztonnenförmiges Dach mit halber Fledermausgaube auf der Nordseite und eingeschnittenem Balkon auf der Südseite. Dort endete es ursprünglich über dem Erdgeschoss und der als Loggia zum Garten hin geöffneten Gebäudeecke. Erst 1961 wurde es mit einem s-förmigen Schwung über das verbreiterte Erdgeschoss gezogen. Die Dachkonstruktion besteht aus gebogenen Sparren.

Poelzig wendete diese Dachform auch bei seinem Wettbewerbsbeitrag für „Das wachsende Haus“ auf der Berliner Ausstellung Sonne Luft und Haus für alle 1932 an.

Um Dachformen wurde in den 1920er-Jahren ein ideologischer Kampf ausgefochten, für den der „Zehlendorfer Dächerstreit“ von 1928 exemplarisch ist. Den Anhängern des Flachdachs galten traditionelle Dachformen als Verweigerung der Moderne und Flucht in eine idyllische Vergangenheit.

Im Inneren des Krefelder Hauses dominiert eine dunkle Holztreppe von skulpturaler Qualität, die sich vom Erdgeschoss über zwei weitere Etagen bis unter das Dach schlängelt, wo sie in einer Galerie endet.

Befreundete Künstler des Bauherrn hatten im Haus ihre Spuren hinterlassen, so berichtete die Tochter des Erbauers 2014: „Thorn Prikker hatte ein Mosaik gestaltet, das heute im Museum ist, Teufen ein bleiverglastes Fenster mit einem Kranich geschaffen, und neben dem Hauseingang hing eine Seidenblume von Mataré. Ein Adler von ihm stand auf der letzten Treppenstufe im Garten.“2Renate Hauser, geb. Steinert, Interview mit Irmgard Bernrieder 2014 https://kultur-in-krefeld.de/kulturhistorie/architektur/interview-mit-renate-hauser-geb-steinert-2/3Wolfgang Pehnt/Matthias Schirren (Hg.), Hans Poelzig. Architekt, Lehrer, Künstler, München 20074Klaus Winter/Wolfgang Rug, Innovationen im Holzbau. Die Zollinger-Bauweise, in: Bautechnik 69 (1992), Heft 4, S. 190–1975Theodor Heuss, Hans Poelzig, Tübingen 1948, S. 76

Ansicht 1930er-Jahre (Architekturmuseum TU Berlin Nr. 4952)
Ansicht Gartenseite 1930er-Jahre (Architekturmuseum TU Berlin Nr. 4953)
Ansicht um 1936 (Fotograf unbekannt)
Treppenhaus (Foto: Florian Monheim)
Treppenhaus (Foto: Florian Monheim)
Treppenhaus (Foto: Florian Monheim)
Schnitt (Architekturmuseum TU Berlin)
Grundriss Erdgeschoss (Architekturmuseum TU Berlin)