Oetker, Rudolf / Deuß & Oetker Seidenweberei

Rudolf Oetker (StAKR 12612)

Die Firma Deuß & Oetker wurde um 1850 von Wilhelm Deuß (1827–1911) zunächst als Handweberei Deuß & Weiß gegründet. Bis 1869 war Karl Weiß Teilhaber, der 1870 von Albert Oetker (1839–1908), ursprünglich Mitarbeiter des Unternehmens, abgelöst wurde.1Hans-Karl Rouette et al., Seide und Samt in der Textilstadt Krefeld, Frankfurt a. M.2004, S. 94 Mit der Umstellung auf mechanische Webstühle siedelte sich die Firma 1889 mit eigenen Werksanlagen in Schiefbahn an und errichtete weitere Standorte, so 1908/09 in Walbeck, Wachtendonk und Herongen. Bis zum Ersten Weltkrieg war das Unternehmen auf Turquoise-Krawattenstoffe spezialisiert. Den Bestrebungen des Krefelder Museumsdirektors Friedrich Deneken, das „Geschmacksniveau“ der lokalen Produktion mithilfe von Künstlerentwürfen zu heben, stand Deuß & Oetker aufgeschlossen gegenüber. Von 1900 bis 1903 verwirklichte das Unternehmen mehrere Kollektionen von „Künstlerseide“ nach Entwürfen von Vertretern der Reformbewegung um 1900 wie Henry van de Velde.2Christiane Lange, Bauhaus nützlich. Die Avantgarde im Auftrag der Seidenindustrie, in: Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 29–32) Die Zentrale des Unternehmens befand sich in Krefeld auf der Gartenstraße 52.3Willich History

Wilhelm Deuß starb 1911 kinderlos. 1897 und 1911 hatte er seiner Heimatstadt die finanziellen Mittel für die Anlage des Stadtwalds einschließlich eines Ausflugslokals gespendet, der bis heute zu einem der beliebtesten Ausflugsziele in Krefeld gehört. Albert Oetker ergänzte dieses Engagement mit dem kleinen, 1908 am Rande des Stadtwalds erbauten Atelierhaus an der Krefelder Hüttenallee. Nach dem Tod von Albert Oetker 1909 führten seine Söhne Rudolf (1874–1930) und Paul Oetker (1876–1927) das Unternehmen weiter. 

1919 gehörte Deuß & Oetker zu den Gründern der Vereinigten Seidenwebereien AG, die ihre Zentrale im vormaligen Firmenkontor von Deuß & Oetker einrichtete. 

Rudolf Oetker heiratete 1900 in erster Ehe die Amerikanerin Emily Greeff, mit der er auf der Bismarckstraße lebte. 1917 heiratete er in zweiter Ehe Lilly Jentges, sie ließen sich auf der Hohenzollernstraße ein Wohnhaus von August Biebricher bauen. Rudolf Oetker engagierte sich vielfältig in Krefeld, so für den Krefelder Rennverein, für den Krefelder Flugplatz (heute Gartenstadt) und für das Hockeyspiel. Aus seiner ersten Ehe stammt sein Sohn Rolf Oetker (1901–1970), dessen Wohnhaus Helmut Hentrich plante.  

Paul Oetker war bei der Verseidag für das Personalwesen zuständig und ließ sich bereits 1912 ein Haus nach den Plänen Biebrichers errichten, das jedoch heute stark verändert ist. Weiteres ist über ihn nicht bekannt.4Stephan Strauß, Wirtschaftsbürgerliches Wohnen in Krefeld 1900–1940. Die Vielfalt der Moderne, in: Lange/Blümm (Hg.), Bauhaus und Textilindustrie. Architektur, Design, Lehre, München 2019, S. 283–290